Zu Terror

Beginnen wir  bei Null:
Europäische Werte – was ist das?
Menschenrechte -  Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit, unter anderem auch Meinungsfreiheit.
Bedeutet Meinungsfreiheit ALLES, aber auch ALLES zu dürfen womit man  „aufrütteln“, oder aber auch Geld verdienen kann, alles zu sagen, zu  zeichnen und  zu publizieren?
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte wurde geschaffen um die Rechte jedes Menschen gegenüber staatlichen und religiösen Institutionen und auch jedem Mitmenschen gegenüber zu gewährleisten. Dazu gehört auch das Recht sich gegen Beleidigung – Entwürdigung -  zu wehren.
Die „Europäischen Werte“ sind aus unserm ethischen Gefühl, aus dem humanistisch - christlichen Gedankengut entstanden.  Sie finden ihren Niederschlag in unserem Allgemeinen Gesetzbuch und unterscheiden sehr wohl zwischen Satire und beleidigender Demütigung. Auch gegenüber religiöser Überzeugungen, die nichts mit Terror zu tun haben.

Kurt Tucholsky, der im Bezug zur Ermordung der Charlie Hebdo Mitarbeiter immer wieder zitiert wird, sagte 1919: “Satire  darf „alles“.  Alles? Ich schätze Tucholsky sehr, aber in diesem Punkt hätte er differenziert, um Missverständnissen vorzubeugen, Satire von Beleidigung abgrenzen müssen.
Satire bedeutet ironisch – witzige, literarische oder künstlerische Darstellung
die durch Übertreibung, Spott und Ironie Kritik üben möchte. Sie muss Ungerechtigkeit oder Gemeinheit eines Geschehens deutlich machen, dessen Perfidie dem oberflächlichen Betrachter vielleicht nicht klar geworden ist.

Von Lichtenberg stammt eine treffende Definition: „Die feinste Satire ist unstreitig die, deren Spott mit so wenig Bosheit und mit so vieler Überzeugung verbunden ist, dass er selbst diejenigen zum Lächeln nötigt, die er trifft.“
Wenn ich mir diesen Satz vor Augen halte,  muss ich sowohl die künstlerische Qualität als auch die gedankliche Qualität – wie weit darf „Freiheit“ gehen - dem Charlie Hebdo  “Erzeugnis“ absprechen.
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Diese Überlegungen wollen keinerlei Verständnis mit dem verabscheuungswürdigen  Terror islamischer Gruppierungen wecken.
Aber der Versuch Terror dadurch lächerlich zu machen ist absurd und den Opfern gegenüber eine Respektlosigkeit.

Zu Recht scheuen wir davor zurück die Bilder der grausamen Enthauptungen oder der qualvollen Verbrennung offiziell in den Medien zu zeigen, um die Würde dieser getöteten Menschen nicht zu verletzen. Ihr entsetzlicher Todeskampf soll und darf nicht zur Schau gestellt werden!

Die Würde der so furchtbar ums Leben gekommenen Opfer muss gewahrt bleiben und darf nicht geschmacklos durch die Verzerrung einer „originellen“ Darstellung - einer „Satirebrille“, verharmlosend dem Publikum nahegebracht werden.

Daher empfinde ich die in Charlie Hebdo dargestellten „satirischen“ Zeichnungen z. B. die“ lustige“ Karikatur eines Moslems, der in einer
Badewanne voll roter Farbe  - Blut - planscht, als Beleidigung  für die Opfer dieser radikal grausamen Terroristen.  Und auch als Beleidigung der Angehörigen der Opfer.
Es entsprechen diese und andere  schon erwähnten Karikaturen in keiner Weise der Tragik tatsächlich stattgefundener Geschehnisse, der gefilmten Abschlachtungen, der grausamen Enthauptungen oder  der Verschleppung  hunderter  zur Prostitution gezwungener Mädchen.

Denken Menschen, die in ihrem eitlen Zeitgeistgehabe   demonstrativ den Bleistift, den Kugelschreiber, die Füllfeder in die Höhe halten, um für die „Freiheit  der Meinungsäußerung“, in diesem Fall für fragwürdige, geschmacklose Karikaturen zu demonstrieren,  auch an die realen Bilder grausam vergewaltigter Frauen, geköpfter Kinder oder an die Leichenberge in den Konzentrationslagern ?
Wäre es in Deutschland oder Österreich möglich satirische Bilder und Texte zum Holocaust zu publizieren?

Würden sie, diese ach so toleranten, auch dann, wenn es sie selbst beträfe, „Satire“ dieser Art als  adequates  - dem Tatbestand im Verhältnis entsprechendes Mittel betrachten?

Es gibt Geschehnisse vor denen man fassungslos steht, die keiner weiteren „Bearbeitung“ bedürfen!
Hier  bleibt nur Entsetzen und Trauer  über das, was Menschen anderen  Menschen  antun können.
Die Zeitschrift „Charlie Hebdo“ trägt gezielt zur Polarisierung bei, d.h. sie schürt innere Konflikte. Die Frage stellt sich, wer sich diesbezüglich einen Vorteil verspricht, um daraus Kapital zu schlagen. Welche Gruppierungen arbeiten an einer Destabilisierung?  Nun vielleicht –es wäre denkbar - wie so oft die Rüstungsindustrie  ---
Wahrscheinlich diente das  Politiker - Gruppenfoto  - alles in schwarzer Trauer - nur dazu, längest fällige Gesetze offiziell auch laut überdenken zu dürfen? Und zugleich einer vielleicht stagnierenden Waffenproduktion auf die Beine zu helfen?
Wer trägt schwarze Mäntel wegen der Greueltaten in Ruanda, wegen Auspeitschungen und Steinigungen, Folter und im abscheulichsten Fall wegen  der Verbrennung eines Jordaniers im Sinne der Sharia an Männern, Frauen und Kindern?

Eine Horrorvision: 2030 - Europa-  ein Schlachtfeld, durch bürgerkriegsähnliche Zustände verarmt und brutalisiert. 
Hüten wir uns also vor undifferenziertem Schwarz / Weiß Denken, hüten wir uns vor gruppendynamischen Massenphänomenen und vor gedankenlosem demonstrieren! Und es stellt sich die Frage: Welche manipulierende Macht spielen die Medien?  Wird hier nicht auch überflüssigen, kontraproduktiv wirkenden Provokationen gewaltbereiter Fanatiker Vorschub geleistet? 
Journalismus, in welcher Form immer, hat politische  Verantwortung!
Aber auch jeder „Normalbürger trägt in seinem Umfeld  Verantwortung und muss sich immer wieder sachlich mit diesem Thema “Verantwortung“ auseinandersetzen. Ein Thema das nicht früh genug in der elterlichen Erziehung und in der Schule den Kindern und Jugendlichen nahegebracht werden muss.
Denn:
Wehe den Menschen durch welche Ärgernis kommt. (Matthäus 18,7)

Eine persönliche Geschichte:
Ich, damals 7 Jahre, erinnere mich: In ging in die erste Klasse Volksschule (in einem oberösterreichischem Dorf) und äußerte meiner Großmutter gegenüber etwas Unschönes gegen einen 9 jährigen Mitschüler. Er war der uneheliche Sohn einer Magd, der schon in diesem Alter als Knecht bei einem Bauern arbeitete. Er sollte auch in diesem Schuljahr die Klasse wiederholen müssen, denn da er um ½ 5 Uhr in der Früh die Kühe melken musste, schlief er in der Schule regelmäßig ein und konnte dem Unterricht nicht folgen. Damals hielt mir meine Großmutter mein verständnisloses Verhalten vor und erklärte mir Vieles, das für mich heute noch wegweisend ist. „Also nachdenken bevor du urteilst“, sagte sie. Vielleicht hat sie das Goethezitat gekannt:
„Denken ist schwer, daher urteilen die Menschen“.

Copyright      Eva Meloun

Veröffentlicht in der Zeitschrift AKTUELL der IGdA (Interessensgesellschaft deutschsprachiger Autoren)